Maschgera gau“ (fasnächtlicher Hausbesuch) in Kiebingen
Narreter Flecken / Die Fasnet lebt von dörflichen Bräuchen
KIEBINGEN. Wenn morgen der „Schmotzige Dauschdeg“ anbricht, beginnt die heiße Phase der Fasnet. So auch in Kiebingen, wo der „Schmotzige“ nicht wie sonst fast überall „schmotziger“, sondern „gemmeleger Dauschdeg“ heißt. Auch sonst hat sich der Flecken noch viele Fasnets-Eigenarten bewahrt.
Ottmar Raidt kennt seine Pflicht: „Es ist alter Brauch, dass der Bürgermeister die Narren bewirtetet.“ Nun gibt es seit der Eingemeindung nach Rottenburg keinen Bürgermeister mehr in Kiebingen, und auch der Schmaus ist nicht mehr regulärer Haushaltsposten. Most, Sprudel, Schwarzwurst, Rote, Zwiebeln und deftiges Bauernbrot werden aber trotzdem aufgetischt. „Und zwar wie früher auf einem Brettle“, erklärt Raidt. Morgen ist das grosse Mampfen, doch zuerst müssen die Maskierten – Butzen, Teufel, Hopfenhopser, Musiker, freie Gruppen, Lumpenkapellen, das Zeitungstrudele und noch viele andere – etwas tun für die Mahlzeit. Nämlich Schule und Kindergarten besuchen. Im Rathaus fänden niemals alle Narrete Platz, deswegen ist das Vesper auch im vhs-Gebäude (bzw. nun seit ein paar Jahren im Vereinsraum der Schule). „Das ist der eigentliche Auftakt der Fasnet im Flecken“, sagt Ottmar Raidt
Zur Fleckenfasnet in Kiebingen gehört natürlich auch das Maschkera-Gau, wie Trudl Gonser erklärt: „Das macht man ab Lichtmeß, und zwar an den Tagen Montag, Dienstag und Donnerstag. Man geht immer gruppenweise und verkleidet an die Häuser. Wo man reingelassen wird, müssen die Hausleut‘ raten, wer sich unter der Maske versteckt.“ Die Maschkerer dürfen ihre Stimme verstellen, aber meist gelingt’s dann doch. Wer erraten ist, hebt die Larve und bekommt zu Trinken. Ist schließlich der oder die letzte aus der Gruppe erkannt, gibt’s Fasnetsküchle, Beeta, Kraut oder andere Leckereien. „Heischebrauch“ nennen derartiges die Volkskundler, und es muss ein Heidenspaß dabei sein. Jedenfalls lacht Trudl Gonser beim Erzählen und verrät, dass es gar nicht so schwer ist, die Maskierten zu erkennen, wenn man erst einmal einen aus der Gruppe herausgefunden hat. „Meistens sind ja Cliquen unterwegs, die sich gut kennen. Hosch oan, hosch älle.“
Tagsüber gehen die Kinder zum Maschkera, abends die Erwachsenen. Und es gibt jedes Jahr einige Häuser, die sich gut auf den Besuch vorbereitet haben. 20 Beeta habe eine Kiebingerin schon für die Narrete gebacken. Trudl Gonser denkt, dass ihr vier Pfund Mehl für drei, vier gutgefüllte Backschüsseln mit Fasnetsküchle langen. Wer Maschkeren geht, braucht freilich eine gute Kuttel, denn die Hausmannskost kommt in bunter Reihenfolge in den Magen. „Einem richtigen Maschkerer wird aber davon nicht schlecht“, widerspricht Trudl Gonser: „Mer muss sich’s halt richtig einteilen. Das gilt besonders für den Schnaps.“
Da aber das Rate- und Futterspiel eigentlich nur funktioniert, wenn Besuchter und Besuch sich kennen, es inzwischen aber längst nicht mehr so viele fasnetslustige Häuser gibt wie früher, sorgen sich einige älteren Kiebinger, dass der Brauch ausstirbt.